Es gibt kein Projekt, das nicht mit Unsicherheiten verbunden wäre. Risk Management ist daher als Knowledge Area im Projektmanagement fest etabliert und wird entsprechend praktiziert – im Prinzip.
Das Prinzip wird vor allem als prozessorientiert und schematisch verstanden. Meist gibt es ein Risk Register, in dem sich die Risikobeschreibung, eine Bewertung von Wahrscheinlichkeiten und Wirkungen der Risiken, ein Hinweis auf Migrationsmaßnahmen und auch Spalten für die Benennung von „Eigentümern“, zumindest für die Risiken, aber nicht immer für die Risk Responses wiederfinden. Im Ansatz ist also soweit alles ok.
Dennoch ist es mehr als ein Verdacht, dass in den meisten Projekten das Risk Management verkümmert oder unterschätzt wird. Das eingangs sicher mit hohem Engagement entwickelte Risk Register verstaubt im Projektablauf in der Projektdokumentation oder führt in separaten Risikositzungen und -berichten ein stiefmütterliches und separiertes Dasein.
Ein Blick in die Risk Register lässt drei typische Kategorien erkennen.
Die erste Kategorie umfasst einige große Risiken des Projekts, die differenziert ausgearbeitet und für die Reserven (Contingencies) ausgewiesen werden. Oft werden diese Angaben später nicht weiter aktualisiert.
Die zweite Kategorie listet die üblichen bekannten Risiken auf, z.B mangelnde Zustimmung oder Unterstützung bei den Entscheidungsträgern, unrealistische Schätzungen, schlecht oder nicht dokumentierte Arbeitshypothesen und Szenarien, u.a.m.. Es ist eine gute Frage, warum diese bekannten Risiken im Rahmen der Projektplanung nicht umgehend, methodisch angemessen und nachhaltig angegangen und beseitigt werden, wenn sie doch bekannt sind.
Die dritte Kategorie sind „black swans“ (unwahrscheinlich aber mit großem Einfluss) oder den „unknowns“, denen gar keine oder kaum Aufmerksamkeit zufließt. Dabei schlummert hier durchaus kritisches Potential.
Es gibt ein paar Erfahrungswerte, warum häufig im Vorfeld bereits Irrtümer vorliegen können. Die technologische Begeisterung der Sponsoren, „Höchstes-Längstes-Schnellstes“ zu initiieren oder politischen Strahlglanz durch öffentliche Sichtbarkeit zu erzeugen oder ästhetische Freude, einmalig Schönes zu schaffen oder einfach „profan“ mit einem günstigen Einstieg die Zustimmung zu einem großen Geschäft zu erreichen, dienen hierfür als ständige Beispiele. Gleichzeitig mag ein neues Projekt mit gutem Profilierungspotential auch die Hybris des Projektmanagers besonders kitzeln und so einen kritischen Bias auf Projekteinschätzungen und -führung begründen. In jedem Fall sind die dann präsentierten Schätzungen eher best-case Szenarien, bei denen die Benefits überschätzt und der Aufwand mit Minimalannahmen unterschätzt wurden.
Der Projektmanager unterliegt danach dem Erfolgsdruck gegenüber seinem Sponsor oder dem vom Sponsor auf ihn übertragenen Druck einer nächsthöheren Instanz, das Projekt im besten Licht verkaufen zu müssen oder die laufende Bearbeitung in eben demselben erscheinen zu lassen.
Die Art und Weise, wie Risiken eingerahmt werden, beeinflusst unsere Einschätzung und unseren Appetit, Risiken einzugehen. Es ist wahrscheinlich für eine Genehmigung erfolgversprechender, altbekannte Risiken aufzuführen und als beherrschbar niedrig zu bewerten, als wirkliche Risken und das wahre Ausmaß in entsprechende, i.d.R. aber kosten- und zeitintensive Risk-Response-Maßnahmen zu übersetzen und sie in die WBS (Work Breakdown Structure) einzuarbeiten.
Es ist eine große Schwachstelle, dass Risiken oberflächlich und einseitig identifiziert und bewertet werden und in gleicher Art die Suche nach Lösungsoptionen erfolgt. Häufig fehlt das „Standing“ des Risk Managers oder es wird ihm/ihr nicht zugestanden. Herausforderungen an die Psychologie und „soft-skills“ einerseits sowie statistisches Wissen und Verständnis andererseits werden nicht abgedeckt. Man könnte viele Risk Manager fast in der Rolle einer „lame duck“ sehen. Es liegt m.E. im Selbstverständnis von PMI®, dass der Project Management Professional (PMP®) sich hier in der Pflicht als oberster Schirmherr des Risk Managements sieht.
In meiner Arbeit als Manager und Berater von Turnarounds von Unternehmen oder Projekten ist die Überzeugung gewachsen, dass man sich als Projektmanager das Risk Management professionell und mit der psychologischen Tiefe, zu eigen machen muss (conditio sine qua non) – den Risk Manager als Alter Ego. Dies empfiehlt sich auch dann, wenn die Vorgehensweise agil geprägt ist und diese Wahl schon ein entscheidender Beitrag zu Risikomanagement sein kann. In einem dafür nicht bereiten Kontext kann genau das Gegenteil eintreten.
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Methodische Stolpersteine