Ist Agile eine Alternative? Diese Frage wird immer wieder gestellt und direkt im Rahmen einer Projektmethodik interpretiert. Im agilen Ansatz taucht der Begriff kaum auf und im klassischen Ansatz, gerne auch mit Wasserfall gleichgesetzt, hat Risikomanagement einen hohen Stellenwert. Dabei wird vor allem das negative Risiko adressiert, nicht das positive Risiko, d.h. die Chance.
Risikomanagement - Agile als Alternative
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Wirkungsvolles Risk Management (Teil 2/3) -
Methodische Stolpersteine
Was sind wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden extremen Ansätzen? Erstens der Zeithorizont bis zu dem ein brauchbares (Teil-)Ergebnis vorliegt und zweitens diese (Teil-)Ergebnis selbst. In ihm besteht ein zusammenhängender und wesentlicher Unterschied, nämlich das „brauchbare“ Ergebnis als Orientierung. Bevor das Projekt überhaupt beginnt, steht die Herausforderung der Erfassung und Dekomposition der Vision in möglichst kleine Einheiten verwertbarer Ergebnisse bzw. Releases, die in einen überschaubaren Zeitraum gepackt werden können. Und schließlich geht es um den Respekt der Spielregeln und wie konsequent dieser eingefordert wird.
Zeitliche Rahmen und Zielauffassungen
Bei „Agile“ wird ein Zeitraum von 2-4 Wochen unterstellt, um ein „Minimum Viable Product“, einen Release-Stand, d.h. ein nutzbares Ergebnis zu erhalten. Beim Wasserfall wird eher an lange Zeithorizonte gedacht. Es ist logisch, dass mit zunehmendem Zeithorizont die Zahl der möglichen Szenarien und damit die Unsicherheit exponentiell wächst. Zur Schätzung im Projekt liegen für diese Zeiträume keine Massendaten vor, die den zuverlässigen Einsatz statistischer Verfahren ermöglichen würden. Innovative Projekte haben Erfahrungswerte, die gegen Null gehen. Außerdem sind nur die wenigsten Projektmanager oder -mitarbeiter mit Statistik ausreichend vertraut.
Wenige verstehen, was statistische Validität bedeutet und welche statistischen Verfahren unter welchen Voraussetzungen zulässig sind oder nicht.
Wenige verstehen, was statistische Validität bedeutet und welche statistischen Verfahren unter welchen Voraussetzungen zulässig sind oder nicht. Im Gegenteil, die fehlerhafte Anwendung statistischer Formeln und Näherungsverfahren vermittelt eine Scheinsicherheit, die faktisch zur Unsicherheit beiträgt. Unsicherheit bedeutet aber Risiko, unabhängig davon, ob positiv oder negativ.
Der Betrachtungszeitraum ist also ein ganz wesentlicher Einflussfaktor für die Unsicherheit. Zwei Jahre sind schwerer zu abzuschätzen als 4 Monate und diese wiederum schwerer als 4 Wochen oder 14 Tage. Wenn man die Projektmanagementmethoden auf einen gleichen Zeitraum von wenigen Wochen anwendet, dann ergibt sich kein nennenswerter Unterschied im Risikomanagement. So wie der gesamte Planungsaufwand, wären die meist genannten Risiken gleichermaßen überschaubar, wie z.B. Time-to-market, d.h. verwertbares positives oder negatives Feedback des Marktes auf das Angebot, Fehlschätzung des Budgets, Kosten des Scheiterns, fehlerhafter Anforderungen oder von Änderungen. Dies sind Risiken, die sich überwiegend auf Planung mit Blick auf die Zielsetzung des Projekts bzw. der Phase oder des Sprints beziehen. Der kürzere Zeitraum – nicht die angewandte Projektmethode – verbessert die Schätzungsgenauigkeit. Ein tatsächlicher Abschluss einer kurzen Phase mit einem nutzbaren Ergebnis trägt dann wesentlich zum inhärenten Risikomanagement bei.
Rollen und gemeinsame Verantwortung
Eine weitere Kategorie wesentlicher Unterscheidungsmerkmale sind die Werte, Rollen und Verantwortlichkeiten. Beim agilen Ansatz werden diese als Arbeitshypothese kategorisch eingefordert, so dass sich fast der Begriff „alternative Fakten“ aufdrängt. Damit wird der Ansatz „unschlagbar“. Wenn Selbst-Organisation, Selbst-Verpflichtung, Offenheit, Engagement, Übernahme der Verantwortung oder sachgerechte Expertise als gegeben unterstellt oder postuliert werden, warum dann nicht auch für andere Ansätze des Projektmanagements, mit denen verglichen wird? Die reine Lehre wäre dann die reale Arbeitswelt. Dann würden aber die meisten Theorien funktionieren, dann gäbe es auch nicht viele zu Recht kritisierte Schwächen der klassischen Ansätze. Eine wesentliche, menschliche Ursache für Unsicherheit wäre beseitigt. Aber vielleicht kommt tatsächlich eine Dynamik in Gang, an dieser Wurzel anzusetzen. Es ist in der Tat feststellbar, dass nie intensiver an neuen Verhaltensweisen zu Bearbeitung zeitlich begrenzter, einmaliger oder einzigartiger Vorhaben gearbeitet und diskutiert wurde als heute. Es zeigt sich, was vorher nicht erkannt oder wahrgenommen wurde: dass der Großteil der Arbeiten in den Unternehmen heutzutage Projektcharakter trägt.
Wenn die Unterscheidungsmerkmale Zeithorizont, lebensfähiges und verwertbares Lieferergebnis, Respekt der Werte sowie Rollen und Verantwortlichkeiten angewandt werden, unterscheiden sich entsprechend gestaltete prädiktive oder „plangetriebene“ Projektmethoden nicht besonders von den als rein „agil“ angesehenen.
Bedeutet dies nun, dass es während des Lebenszyklus eines agil gehandhabten Projekts keine Risikoplanung gibt? Ein großer Teil der verbleibenden Risiken tauchen in der Handhabung als „Impediments“ auf, für die bspw. ein Scrum Master zur Verfügung steht, der diese für das Team zu beseitigen hat. Verantwortlich für die Identifikation, Priorisierung und Handhabung der Risiken bleibt aber das gesamte Scrum Team. Schließlich bleiben einige Risken im Vorfeld oder Kontext der Projektarbeit. Ein gut verwaltetes Projekt umfasst auch die Untersuchung von Risiken außerhalb des Projektumfangs und im gesamten Lebenszyklus der Produktvision. Was ist mit dem Risiko, des fachlichen oder kulturellen organisatorischen Kontextes? Was ist mit der Auswahl von Mitarbeitern oder Zulieferern? Diese sollten im Prinzip gleich gehandhabt werden, wie in klassischen, prädiktiven Ansätzen. Und sie bleiben im Prinzip im Fokus des Risikomanagements.
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